Stuhlinkontinenz – immer noch ein Tabuthema

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Stuhlinkontinenz belastet viele Betroffene. Doch mit gezieltem Beckenbodentraining und dem richtigen Stuhlverhalten kannst du die Kontrolle zurückgewinnen.

Stuhlinkontinenz – immer noch ein Tabuthema

Über Urininkontinenz wird heute offener gesprochen, doch Stuhlinkontinenz bleibt für viele ein Tabuthema. Der Gedanke, nicht mehr selbst kontrollieren zu können, wann und wie man den Darm entleert, löst Scham, Angst und oft auch Rückzug aus. Dabei bist du nicht allein: Millionen Menschen weltweit leiden unter Stuhlinkontinenz – und es gibt Hilfe. Du kannst mit deinem Beckenboden viel bewirken und auch vorbeugen.

Was bedeutet Stuhlinkontinenz?

Stuhlinkontinenz bedeutet, dass Betroffene den Abgang von Stuhl – manchmal auch von Luft (Windinkontinenz) – nicht mehr zuverlässig kontrollieren können. Es kann zu unwillkürlichem Abgang von festem oder flüssigem Kot kommen, manchmal auch nur zu sogenannten „Schmierverlusten“, was viele dann auch Bremsspuren nennen.

Für viele ist das schlimmer als Urinverlust, weil Stuhl mit unangenehmen Gerüchen und Ekel assoziiert wird. Das führt oft dazu, dass Menschen schweigen, sich zurückziehen und erst spät Hilfe suchen. Dabei gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten, aktiv gegen Stuhlinkontinenz vorzugehen.

Ursachen der Stuhlinkontinenz: Wenn Muskeln oder Nerven nicht mitspielen

Die Ursachen teilen wir in zwei Bereiche ein:

Die analen Ursachen – Probleme am Schliessmuskel

Der After wird von einem komplexen Schließmuskel-System verschlossen. Ist dieser Schließmuskel verletzt, geschwächt oder nicht mehr richtig steuerbar, kann das zu Stuhlinkontinenz führen. Typische Auslöser sind:

  • Folgen nach einer Hämorrhoiden-OP

  • Verletzungen durch anale Sexualpraktiken oder Missbrauch

  • Schwacher Beckenboden, oft nach Schwangerschaften oder in den Wechseljahren

  • Nervenschäden (z. B. nach Becken- oder Hüftfrakturen)

Hier spricht man oft von einer sogenannten analen Inkontinenz.

Die rektalen Ursachen – Probleme im Enddarm

Manchmal liegt die Ursache gar nicht direkt am After, sondern im letzten Teil des Darms. Das kann der Fall sein bei:

  • Nachwirkungen von Operationen oder Strahlentherapien

  • Geburtsverletzungen

  • Erkrankungen des Darms (z. B. Entzündungen)

  • Gestörter Wahrnehmung des Stuhldrangs

  • Verstopfung und Darmträgheit

Die Schmierinkontinenz

Wenn der Enddarm durch Verstopfung dauerhaft mit hartem Stuhl gefüllt ist, fließt dünner Stuhl oder Schleim daran vorbei. Das passiert oft unbemerkt und kann für Betroffene extrem belastend sein.

Was kannst du bei Stuhlinkontinenz tun? Erste Schritte

Wenn du bei dir bemerkst, dass du den Stuhl nicht richtig steuern kannst, solltest du zum Arzt gehen. Ansprechpartner sind:

  • Hausarzt

  • Gastroenterologe (Darmspezialist)

  • Proktologe (Enddarmspezialist)

Nur eine gründliche Untersuchung kann klären, was die Ursache ist und welche Behandlung sinnvoll ist.

Aber keine Sorge: Es gibt auch vieles, was du selbst tun kannst, um deinen Beckenboden zu stärken und deinen Darm zu unterstützen.

Übungen für den Beckenboden bei Stuhlinkontinenz: Kraft aufbauen, Kontrolle zurückgewinnen, entspannen

Wenn der Beckenboden geschwächt ist, hilft gezieltes Training. Besonders wichtig ist dabei die Region rund um den After zu kräftigen und zu schulen, sich anzuspannen und zu entspannen.

Unsere BeBo® Beckenbodenübungen bei Stuhlinkontinenz:

Langsame Kontraktionen:
Spanne den Beckenboden (vor allem um den After) langsam an, halte 5–10 Sekunden, entspanne. Wiederhole das 10–15 Mal.

Schnelle Kontraktionen:
Spanne und entspanne den After rasch hintereinander, wie bei einem „Zucken“. Das aktiviert die schnellen Muskelfasern.

Aufzug-Übung:
Stell dir vor, du ziehst den Beckenboden wie einen Fahrstuhl nach oben – Stock für Stock. Ganz langsam hochziehen, halten, dann wieder langsam absenken.

Wenn du Mühe hast, die Muskeln gezielt zu spüren, können Elektrostimulation oder Biofeedback-Geräte helfen. Sie unterstützen dich dabei, die Muskeln richtig anzusteuern.

Richtig den Darm entleeren: Entspannt und ohne Pressen

Viele Menschen denken, man müsse beim Stuhlgang fest pressen, um „alles rauszubekommen“. Genau das ist falsch – und schädlich!
Beim Pressen steigt der Druck auf den Beckenboden, die Schließmuskeln werden überlastet und auf Dauer schwächt das das ganze System.

So gehst du richtig auf die Toilette:

Aufrechte Haltung, das Becken leicht nach vorne gekippt.
Beine leicht gespreizt, nicht überkreuzt.
Entspannen, ausatmen, kein Pressen!
Nimm dir Zeit: Der Darm entleert sich von selbst, wenn der Stuhlreiz da ist.

Der BeBo®-Tipp: Ein kleiner Hocker unter den Füssen hilft, die richtige Position einzunehmen (wie in der „Hockstellung“).

Das kannst du für einen gesunden Darm tun:

Bewegung, Ernährung, Lebensstil

Ein gesunder Darm braucht Bewegung – wortwörtlich.
Wenn du viel sitzt, bewegt sich auch dein Darm weniger. Das begünstigt Verstopfung und in der Folge Stuhlinkontinenz.

Bewegung:

  • Tägliche Spaziergänge

  • Bauch- und Rückengymnastik

  • Beckenbodentraining

  • Kleine Bewegungsübungen zwischendurch im Alltag

  • Tiefe Bauchatmung – so schwingt der Beckenboden mit dem Zwerchfell auf und ab

Ernährung:

Hier gibt es keine allgemeine Lösung. Jeder Darm reagiert anders. Generell gilt:

  • Viel trinken (mindestens 2 Liter am Tag)

  • Ballaststoffreiche Ernährung (wenn verträglich)

  • Beobachte, welche Lebensmittel dir guttun

  • Bei Verstopfung: natürliche abführende Mittel wie Flohsamen und sanfte Abführhilfen wie Glycerinzäpfchen oder Einläufe (aber nur vorübergehend!)

Ganzheitliche Ansätze: Körper und Seele in Balance bringen

Stuhlinkontinenz betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Viele Betroffene leiden unter Scham, Angst und sozialem Rückzug. Deshalb lohnt es sich, ganzheitliche Ansätze in den Blick zu nehmen:

  • Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga

  • Verhaltenstherapie, um Ängste zu bearbeiten

  • Massage und Körperarbeit, um Spannungen zu lösen

  • Akupunktur oder alternative Heilmethoden (bei erfahrenen Fachleuten)

  • Fastenkuren (nur unter fachlicher Begleitung), um den Darm zu entlasten

Wann ist eine Operation notwendig?

Manchmal lässt sich Stuhlinkontinenz nicht allein mit Training und Lebensstiländerungen verbessern. Bei schweren Schließmuskelverletzungen oder Nervenschäden kann eine Operation notwendig sein. Dabei wird der Schließmuskel rekonstruiert oder andere Verfahren eingesetzt, um die Kontinenz zu verbessern.

Sprich hier unbedingt mit einem spezialisierten Arzt. Die meisten Betroffenen profitieren aber schon von einem gut abgestimmten konservativen (nicht-operativen) Therapieplan.

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Wenn du selbst eine Ausbildung machen möchtest und eine Fachperson aus Training und Therapie bist, dann kontaktiere uns gerne oder buche dir ein Beratungsgespräch. Hier findest du mehr über die Ausbildung.